Der diesjährige Tag der Rechtspflege fand am 19.09.2018 unter dem Motto "Der Reichsbürger – eine Gefahr für den Rechtsstaat?!" statt.
An gewohntem Ort in der Aula der Fachhochschule Meißen begrüßte der Fachbereichsleiter Herr Dr. Heiko Gojowczyk neben den Diplomanten und Studenten die angereisten Vertreter der Justizverwaltungen und nicht zuletzt die Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis, die sich die Fachvorträge nicht entgehen lassen wollten.
Die Riege der Referenten eröffnete Herr Kriminaldirektor Martin Döring vom Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen mit dem Thema: "Das Extremismusphänomen Reichsbürger und Selbstverwalter".
Die Zuhörer erfuhren Wissenswertes über die verschiedenen Typen der Reichsbürger, die häufig Einzelpersonen sind und auch tatsächlich in den meisten Fällen nicht unbedingt rechtsextreme Tendenzen haben. Reichsbürger gibt es in allen Bevölkerungsschichten, der "Weg" zum Reichsbürger/Querulanten beginnt oft mit Verwaltungsverdrossenheit und kann sich – bei entsprechendem Umfeld und persönlicher Situation – durch Alternativlosigkeit bis zum aggressiven und irrationalen Verhalten steigern.
Tipps zum Umgang im Behördenalltag sind hier:
Sicher ist das in der "Akutsituation" nicht einfach. Blickt man aber mit etwas "Know-How" hinter das "Handeln" des Reichsbürgers, kann das sicherlich hilfreich sein.
Im weiteren Verlauf des Vormittags erläuterte Herr Ministerialrat Matthias Lau vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz den "Umgang mit fingierten Forderungen gegen Bedienstete und deren zwangsweise Durchsetzung (Malta-Masche)" – die (zum Glück wenigen) Betroffenen werden sich erinnern...
Quintessenz des Vortrages – falls Sie doch noch einmal betroffen sind "Wenden Sie sich an Ihren Dienstvorgesetzten und besprechen Sie die weiteren Schritte!"
Mit dem "Tun der Reichsbürger aus strafrechtlicher Sicht" setzte sich zum Abschluss der Vormittagsveranstaltung Herr Oberstaatsanwalt Dr. Stefan Henke auseinander.
Seien es Urkundenfälschung (KfZ-Kennzeichen, Ausweise), Erpressung, Nötigung oder Betrug – strafrechtlich sind viele Einzelfälle nicht abschließend geklärt.
Allerdings sind sich das Bundesverfassungsgericht und der Verfassungsgerichtshof Sachsen wohl einig, dass man sich als Amtsträger "Lügner" und "Verbrecher" nennen lassen muss, da dies von der Meinungsfreiheit laut Grundgesetz gedeckt ist. Der Referent und das Publikum sahen das anders...
Strafanzeigen können selbstverständlich gestellt werden, der Erfolg bleibt aber regelmäßig offen.
Im feierlichen Rahmen, musikalisch untermalt von Kollegen des Polizeiorchesters Sachsen, fand am Nachmittag die Aushändigung der Diplomurkunden statt.
Neben den lobenden Worten des Hochschulrektors Prof. Dr. Frank Nolden führte dieser aus, dass die Hochschule weiterhin bemüht ist, den gesellschaftlichen, rechtlichen und demografischen Veränderungen der Gesellschaft gerecht zu werden, nicht zuletzt durch Aufstockung der Dozenten- und Studentenzahlen und den geplanten baulichen Veränderungen, die zwischenzeitlich eine Interimsunterbringung notwendig machen werden.
Für die verhinderte Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes, Frau Susanne Dahlke-Piel, sprach die stellvertretende Präsidentin, Frau Franziska Böhm, den Absolventen ihre Glückwünsche aus und bat sie vor allem, die Menschen und Gesichter hinter den Akten und Aktenzeichen nicht zu vergessen und einen guten Ausgleich zwischen "professioneller Deformation" und der Lebenswirklichkeit zu finden.
Der Präsidenten des Oberlandesgerichtes Herr Gilbert Häfner griff in seinem Festvortrag nicht nur das Thema des Vormittags auf, sondern referierte auch über die aktuelle Situation in der sächsischen Justiz (rückläufige Eingänge in fast allen Bereichen) und die nach Studien verbesserungswürdige Außenwirkung der Gerichte. Probleme aus Sicht der Bürger seien hier vor allem die lange Verfahrensdauer, komplizierte Gesetze und zu milde Strafen.
Mit Selbstbewusstsein dankten die Absolventen in ihrer Abschlussrede als "schlechtester Jahrgang aller Zeiten" zunächst ihren Familien und Ausbildern, die einen nicht unwesentlichen Beitrag zum letztendlich erfolgreichen Studium geleistet haben.
Verbunden mit seinem alljährlichen Grußwort zeichnete Lars Beyer als Vorsitzender des Verbandes Sächsischer Rechtspfleger e.V. die beste Diplomarbeit von Frau Julia Landgraf mit dem Titel. „Rechtsfragen der pränatalen Vaterschaftsanerkennung und Sorgeerklärung“ aus.
Unser Verband war selbstverständlich auch wieder mit einem Informationsstand vor Ort vertreten. Hier fand mit Interessierten, Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärtern, den Kolleginnen und Kollegen sowie den Gästen ein reger Informationsaustausch statt.
Katja Junker