Die Robe

„Wenn man die Robe anzieht …“ - Roben für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Sachsen

01. April 2021

"Wenn man die Robe anzieht, ist das immer ein ganz besonderer Moment. Er erfüllt mich mit großer Demut. Die Robe symbolisiert, dass die Privatperson zurück- und in ein öffentliches Amt hineintritt."

Dieses Zitat stammt vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Habarth aus einem Interview, welches das Redaktionsnetzwerk Deutschland am 10. Oktober 2020 veröffentlichte. Der letzte Satz entspricht seinem Sinn nach unseren Ausführungen zu den Erwartungen an die Robe für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger im Abschlussbericht zum Modellversuch Tragen von Roben durch Rechtspfleger beim Amtsgericht Leipzig vom 14. September 2018 (Seite 9).

Für den genannten Abschlussbericht konnte ich lediglich von den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern der Zwangsversteigerungsabteilung beim Amtsgericht Leipzig erfragen, wie sie das Verhandeln in Rechtspflegerrobe empfinden und was sich durch diese Robe für sie verändert hat. Nachdem seit dem 1. Juli 2019 Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger bei allen Gerichten im Freistaat Sachsen zum Tragen von Roben berechtigt sind, wollte ich besonders von den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern in den Insolvenz- und Zwangsversteigerungsabteilungen wissen, wie ihre Wahrnehmungen und Beobachtungen beim Verhandeln mit Robe sind. Ich habe gerade diese Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger angesprochen, da nach der VwV Justizorganisation die Amtstracht [Robe] in allen zur Verhandlung oder zur Verkündung einer Entscheidung bestimmten Sitzungen zu tragen ist, sofern nicht im Einzelfall nach Auffassung des Gerichts eine andere Regelung angemessen ist.

So unterschiedlich wir Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie das Umfeld, in dem wir arbeiten, sind, so unterschiedlich sind die Berichte, die ich erhielt und hier zusammenfasse.

Ich konnte erfahren, dass sich die Robe in der Wahrnehmung einiger Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern positiv auf ihre Arbeit ausgewirkt habt. In den Zwangsversteigerungsterminen wird durch die Interessenten und Beteiligte den Vorsitzenden mehr Respekt entgegengebracht. Von Terminsvertretern, insbesondere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten gab es mehrfach die Rückmeldung, dass das Tragen der Robe der Tätigkeit des Rechtspflegers im Zwangsversteigerungsverfahren sowie der Bedeutung des Verfahrens für die Beteiligten und die Öffentlichkeit angemessen ist. Interessant ist die Feststellung, dass seitens der Richterinnen und Richter das Tragen der Robe durch die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger durchaus positiv gesehen wird.

Diese Beobachtung wird nicht überall geteilt. Zwar haben die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Robe den Eindruck, dass sie stärker wahrgenommen werden. Zugleich werden sie mit der Frage konfrontiert, war ein Richter im Zwangsversteigerungsverfahren tut. Im Zwangsversteigerungstermin zeigen die normalen Bürger ohne und mit Robe Respekt für die Leiterin bzw. den Leiter, Querulanten bleiben Querulanten. Einige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wissen nicht, dass Zwangsversteigerungstermine nicht von Richterinnen oder Richtern, sondern von Rechtspflegerinnen oder Rechtspflegern geleitet werden. Manchmal ziehen sie, vielleicht vor Schreck, wenn sie den Saal betreten, gleich ihre Robe an.

Einem anderen Bericht kann ich dagegen entnehmen, dass das Tragen der Robe im Zwangsversteigerungstermin auf der einen Seite eine positive Wirkung auf die Position und Autorität als Leiterin oder Leiter des Gerichtstermins hat, was mitunter bitter nötig ist. Vereinzelte Provokationen gibt es weiterhin. Auf der anderen Seite hat das eigene Auftreten mehr Gewicht, als die Robe. Von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, sie erscheinen regelmäßig ohne Robe zum Termin, wird das Tragen der Robe akzeptiert. Nichtsdestotrotz tragen die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger die Roben in den Zwangsversteigerungsterminen und werden das auch zukünftig tun.

In einem Gericht werden die Roben inzwischen von nahezu allen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern in der Insolvenzabteilung getragen, soweit Termine im Sitzungsaal abgehalten werden. Die Erfahrungen kann man durchweg als positiv bezeichnen. Zu Beginn war es für alle etwas ungewohnt (Was trägt man eigentlich drunter?). Insolvenzverwalterinnen und -verwalter waren verunsichert (Sollen/Müssen/Können wir in der Gläubigerversammlung auch Robe tragen?). Gerade bei jüngeren Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern sowie bei allen, die wenig Terminserfahrung haben, oder gerade auch bei größeren Gläubigerversammlungen mit vielen Beteiligten trägt die Robe dazu bei, tatsächlich bei allen Beteiligten als Vorsitzende/r wahrgenommen zu werden, sie steigert damit mithin durchaus das Selbstwertgefühl. Man fühlt sich "sicherer" im Sinne von selbstbewusster.

Andernorts tragen ebenfalls alle Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in den Zwangsversteigerungsterminen eine Robe. Nennenswerte Veränderungen haben sie im Arbeitsalltag jedoch nicht festgestellt. Nach außen ist jedoch ein einheitliches Auftreten gewährleistet. Die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sehen sich als Leiterin bzw. Leiter des Termins wahrgenommen und sind immer "gut angezogen", sodass es auch unter diesem Aspekt leichter ist, kurzfristig die Leitung eines Termins zu übernehmen. Die Terminsvertreterinnen und -vertreter der Banken haben zunächst nachgefragt, wieso die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eine Robe tragen. Auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte waren verunsichert, ob sie im Termin eine Robe tragen müssten. Darüber, ob es mit der Robe eine größere Akzeptanz für die Rechtspflegerinnen oder Rechtspfleger im Termin gibt, kann nur gemutmaßt werden. Belegen lässt sich das eher nicht. Die Hauptsache im Termin ist und bleibt die Persönlichkeit der Rechtspflegerin oder des Rechtspflegers selbst. Die Robe kann insoweit sicher nur unterstützend wirken.

Ohne Zahlen erhoben zu haben, scheinen die meisten Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger mit wenigen Ausnahmen in den rechtlich zulässigen Terminen eine Robe zu tragen. Frustrierend kann es sein, wenn die Robe immer wieder nur mit dem Richterberuf in Verbindung gebracht wird und sich die Frage stellt, ob mit der Robe tatsächlich der Rechtspflegerberuf aufgewertet wird. Im Zwangsversteigerungstermin oder der Gläubigerversammlung führt die Robe zu keinen Nachteilen. Im Gegenteil, die Robe wird von den meisten Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern als ein wichtiger Schritt für die Anerkennung des Rechtspflegerberufs mit all seinen Herausforderungen empfunden.

 

Thomas Schneider