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Bericht zum Online-Seminar des SBB zum Thema „Beamtenrecht“ am 24.06.2021

24. Juni 2021

Am 24. Juni 2021 wurde vom SBB ein Online-Seminar zum Thema Beamtenrecht angeboten. Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Herrn André Ficker und Frau Karen Siwonia informierte Herr Dr. Andreas Stadler über „die aktuelle Rechtsprechung zu Inhalt und Mindestmaß der Alimentation als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums der Beamtinnen und Beamten“.

Dabei wurde eine historische Betrachtung der Alimentation vorgenommen. Mit Urteil vom 14.02.2012, 2 BvL 4/10 des BVerfG; BVerfGE 130, 263-318 wurde erstmals festgestellt, dass das Alimentationsprinzip verpflichtet, amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Die Bezüge sind entsprechend der Wertigkeit der Ämter abzustufen. Vergleiche sind zwischen den verschiedenen Besoldungsordnungen möglich und geboten. Hierbei ist ein interner und ein externer Vergleich anzustellen – also intern zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen und extern mit Einkommen in Berufen vergleichbarer Ausbildung. Es ist somit eine Gesamtschau verschiedener Kriterien vorzunehmen. Das BVerfG hat mit Urteil vom 05.05.2015, 2 BvL 17/09, „nahegelegt“ ableitbare und volkswirtschaftlich nachvollziehbare Parameter festzulegen. Es ist eine 3-Stufen-Prüfung vorzunehmen, wobei allein die Stufe 1 fünf verschiedene Parameter beinhaltet. Diese sind die Entwicklung im öffentlichen Dienst, die Entwicklung der Nominallöhne, die Entwicklung der Inflation, die Abstandsentwicklung (Beschluss vom 17.11.2015, 2 BvL 19/09: es wurde erstmals das Mindestabstandsgebot genannt, welches bei der niedrigsten Besoldungsstufe mindestens 15% zur Grundsicherung betragen muss) und der Bundesvergleich. Die Stufenprüfung mit den einzelnen Parametern wurde sehr ausführlich dargestellt, was die Komplexität der Berechnung erklärt hat.

Im Anschluss wurde die gewerkschaftspolitische Grundsatzposition des dbb zum Beamtenrecht, insbesondere Besoldung, Versorgung und Beihilfe (Hamburger Modell) vorgestellt, sowie der Standpunkt des dbb erläutert. Gastredner war hier Herr Friedhelm Schäfer.  Der vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Handlungsbedarf bei den Punkten Grundbesoldung und kinderreiche Beamte (3 und mehr Kinder) wurden bisher noch nicht umgesetzt und werden vor der Bundestagswahl wohl auch nicht zu erwarten sein. Das Bundesfinanzministerium hat alle Bemühungen dahingehend, auch bzgl. regionaler Zuschläge, gestoppt. Es wurde ausgeführt, welche Diskussionsansätze aktuell in der Politik im Gespräch sind.

Der dbb Bund hat sich klar gegen das Hamburger Modell positioniert, da dies konträr zu den tragenden Grundsäulen des Beamtentums, Besoldung, Versorgung und Beihilfe, laufen würde. Die Begünstigung Einzelner sollte nicht dazu führen, dass an den Grundsätzen des Berufsbeamtentums „gewackelt wird“. Man könne keine „Rosinenpickerei“ betreiben, sondern müsste sämtliche Aspekte der Versorgung betrachten.

Herr Dr. Florian Reuther und Frau Anja Radtke-Panse führten ausführlich über die Vor- und Nachteile des Hamburger Modells für Beamtinnen und Beamte sowie deren Familie aus. Hierbei wurde die „klassische“ Beamtenabsicherung dem Hamburger Sonderweg gegenübergestellt. Die Beihilfe ist eine Fürsorgepflicht des Dienstherren für den Beamten und dessen Angehörigen. Die Beihilfe ist nicht kündbar durch den Versicherer und endet grundsätzlich mit dem Tod des Beamten. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Einzelnen hat keinen Einfluss auf dessen Beitrag. Der Beamte hat eine Aufnahmegarantie in die private Krankenversicherung, unabhängig von Vorerkrankungen und Gesundheitszustand. Das Leistungsniveau liegt i.d.R. oberhalb des Niveaus der gesetzlichen Krankenversicherung. Dem Privatversicherten steht z.B. eine ambulante Behandlung im Krankenhaus zu, hat Zugang zu Innovationen, Privatärzten und Privatkliniken, im Zahnersatz werden die tatsächlichen Aufwendungen ersetzt, implantologische und Heilpraktiker-Leistungen werden erstattet und im Krankenhaus hat man die Möglichkeit eine Chefarztbehandlung zu fordern. Die Krankenversicherungsbeiträge sinken mit Renteneintritt und liegen dann deutlich unter den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Im Hamburger Modell verzichtet der Beamte unwiderruflich auf die Leistungen der Beihilfe, erhält im Gegenzug einen Beitragszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung. Einen Zuschuss zur Pflegeversicherung besteht indes nicht. Dies kann sich im einzelnen Fall rechnen, wobei man hier beachten sollte, dass man seine gesundheitliche Entwicklung nicht absehen kann. Da es keine bundeseinheitliche Regelung gibt, schränkt es die Mobilität des Beamten ein, da bei einem Wechsel des Bundeslandes der Anspruch aus dem Hamburger Modell nicht mehr zwingend besteht.

Es bleibt festzustellen, dass die Länder, in denen dieses Modell angeboten wird, rot-rot, rot-rot-grün oder rot-grün regiert sind und diese möchten den Weg zur Bürgerversicherung ebenen. Die Debatte beinhaltet damit nicht nur die Krankenversorgung sondern auch die Frage, ob Beamte nicht auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. Dies ist auch dem Wahlprogramm der SPD zu entnehmen.

Abschließend gab es eine Diskussionsrunde zu den Fachvorträgen des Vormittags.

 

Tanja Grundmann

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