Bericht zur Präsidiumssitzung und zum 35. Rechtspflegertag vom 13.-16. September 2022 in Berlin
Mit 2 Jahren Verspätung wegen der Coronakrise konnte unser Bundesverband BDR endlich den für Herbst 2020 geplanten Rechtspflegertag abhalten und hatte ins „Hotel Holiday Inn Berlin City West“ nach Spandau in die Siemensstadt eingeladen.
Ich war sehr erfreut, dass meine Verabschiedung nach fast 3 Jahren „Ruhestand“ nicht vergessen wurde und nahm die Reise in Angriff. Berlin lohnt sich schließlich immer, zumal ich noch beste Erinnerungen vom für RB Leipzig siegreichen DFB-Pokalfinale im Mai hatte.
Am Mittwoch stieß die Kollegin Uta Fischer als weitere Delegierte hinzu, sodass wir Sachsen - samt der stellvertretenden Bundesvorsitzenden Elke Strauß - zu dritt vertreten waren. Für unsere Mitgliederzahl von 448 (Stand 01.01.2022) ergab dies 4 Stimmen im Präsidium und 2 Stimmen beim Rechtspflegertag, ab 500 Mitglieder würden es mehr.
Bestens organisiert waren sämtliche Veranstaltungen, weshalb ich bereits an dieser Stelle ein großes Dankeschön an den ausrichtenden Landesverband Berlin aussprechen möchte.
Sowohl die Präsidiumssitzung am Dienstag als auch der Rechtspflegertag ab Mittwoch wurden von unserem Bundesvorsitzenden Mario Blödtner bzw. der Tagungsleitung straff durchgezogen, damit wir Teilnehmer uns noch in die kulturellen und kulinarischen Abenteuer der Hauptstadt stürzen konnten, ohne freilich zu überpacen, denn die Hotelbar wurde bereits 23.00 Uhr geschlossen. Nachtruhe ist mit zunehmendem Alter immer wichtiger.
Bei der Präsidiumssitzung, welche im halbjährlichen Turnus an wechselnden Orten stattfindet, nahm ich die Berichte der anderen Landesverbände neugierig zur Kenntnis, denn dort bewegt sich manchmal mehr als im beschaulichen Sachsen, positiv wie leider auch negativ.
Offenkundig haben inzwischen alle Bundesländer enorme Schwierigkeiten, geeignetes Personal für den gehobenen Justizdienst zu finden und auch die Vorstandspositionen ihrer Landesverbände zu besetzen. Die Anwärterzahlen steigen zwar fast überall an, aber die Ziellinie erreichen prozentual immer weniger. Der Jugend geht es zu gut, könnte man meinen...
Zum von mir angesprochenen Thema Personalbedarf und Pebb§y war zu vernehmen, dass es wohl erst nach vollständigen Einführung der elektronischen Akte im Jahre 2026 wieder zu einer Nacherhebung kommt, wir bis dahin also weiter dem Untergang wegen chronischer Unterbesetzung entgegensteuern. Die Politik braucht deshalb Druck von der Basis!
Stets neidisch schauen wir zu den reicheren Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg, welche ihre Beamtinnen und Beamten offenkundig wertschätzen und deshalb besser bezahlen sowie schneller und weiter befördern. So ist in Ba-Wü vorgesehen, den ehemals mittleren Dienst wegen inzwischen höherwertigen Tätigkeiten besserzustellen und mit A 8 bis A 10 zu besolden, anstelle A 6 – A9. Der horcht der Rechtspfleger freilich des Abstandsgebotes wegen auf und wittert ein neues Eingangsamt A 10.
Im Mittelpunkt des Rechtspflegertages stand natürlich die Neuwahl der Bundesleitung – eine zumindest teilweise schwere Geburt. Da 2 Mitglieder nicht erneut zur Kandidatur standen, Claudia Kammermeier aus Bayern und Klaus Rellermeyer aus NRW, waren deren Posten neu zu besetzen. Mit Ralf Behling aus Berlin fand sich noch am Mittwoch ein Nachfolger für die Öffentlichkeitsarbeit, der 2. Posten (ohne festen Geschäftsbereich, aber für Stellungnahmen und Gesetzesinitiativen vorgesehen) blieb jedoch erstmal unbesetzt. In der vertagten Entscheidung am Freitag fand sich dann glücklicherweise doch noch die Brandenburger Kollegin Kristina Fuhs, welche nun in die großen Fußstapfen des inzwischen pensionierten Kollegen Rellermeyer tritt, welcher mit seinen geschätzten Fachaufsätzen und Kommentaren immer noch eine enge Verbindung zum BDR pflegen wird.
Mit überwältigender Mehrheit bzw. sogar einstimmig wiedergewählt wurden:
- Mario Blödtner (Sachsen-Anhalt) als Bundesvorsitzender
- Christine Hofstädter (Bayern) als Geschäftsführerin
- Manfred Georg (NRW) als strenger Hüter der Kasse
- Elke Strauß (Sachsen) als Schriftleiterin des Rechtspflegerblattes und
- Achim Müller (Baden-Württemberg) als weitere Stellvertreter ohne festen Geschäftsbereich
Herzlichen Glückwunsch und weiterhin gutes Gelingen allen Mitgliedern der neuen Bundesleitung!
Auch wichtig ist stets die Verabschiedung ehemaliger Größen des Verbandes, welche durch Verleihung einer künftig beitragsfreien Ehrenmitgliedschaft anerkannt wird. Diesmal durften sich folgende Mitglieder über diese Auszeichnung freuen:
- Claudia Kammermeier für 14 Jahre Mitgliedschaft in der Bundesleitung
- Prof. Udo Hintzen für 26 Jahre Schriftleitung des RPflegers
- Klaus Rellermeyer für 14 Jahre Mitgliedschaft in der Bundesleitung
- Hansgeorg Groh für seine lange Mitgliedschaft im und 4 Jahre Vorsitz des Fördervereins
- Andrea Meyer für 35 Jahre Mitgliedschaft im Präsidium des BDR und für über 20 Jahre Landesvorsitz des LV Rheinland-Pfalz
- Peter Hofmann für 10 Jahre Mitgliedschaft im Präsidium und langjähriger Leitung der Kommission „Berufsrecht"
Am Donnerstag standen die Arbeitskreise (vormittags) und die Festveranstaltung in der Berliner Urania (nachmittags) sowie die Rechtspflegerfete (abends) in der Spandauer Zitadelle auf dem Programm.
Uta Fischer hat am AK Nachlass und ich am AK InsO teilgenommen. Ob hier in naher Zukunft Träume wahr werden (Stichwort: Großes Insolvenzgericht) müssen wir abwarten, zumal die Interessenlagen der Richterschaft nicht immer mit denen von uns übereinstimmen.
Die Festveranstaltung in der Urania zum Thema: „Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit in Europa“ war mit Hochkarätern besetzt. Nicht nur unser Vorsitzender, welcher die Politik eindringlich an ihre Versprechungen bzgl. Personalausstattung und eigener Laufbahn erinnerte, konnte glänzen. Auch der Vorsitzende der Europäischen Union der Rechtspfleger (E.U.R.) und Vorgänger von Mario Blödtner, Herr Wolfgang Lämmer aus NRW, betonte die enorme Zuverlässigkeit der zweiten Säule der dritten Gewalt, also der Rechtspflegerin bzw. des Rechtspflegers.
Die Grußworte der Parteien wurden angeführt vom Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann (FDP) und im Anschluss von den MdB Dr. Günter Krings (CDU-CSU), Helge Limburg (Bündnis 90/ Die Grünen), Sonja Eichwede (SPD) und einer Videobotschaft von Amira Mohamed Ali (DIE LINKE) fortgesetzt.
Den Festvortrag zu oben erwähntem Thema hielt Prof. Dr. Dirk Hanschel von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich die wiederum wunderbare musikalische Umrahmung durch „yellaCoustic“ in Person unserer lieben Kollegin Jella Fiebach (Vorsitzende LV Rheinland-Pfalz) samt den beiden Herren an ihrer Seite. Was für eine tolle Stimme!
Nach über 3 Stunden artig sitzen und zuhören war uns dann aber endlich zum Feiern zumute. Also schnell ab ins Hotel, raus aus dem teuren Zwirn, ab in die billige Jeans und in die bereitstehenden 3 Oldtimerbusse.
Diese Busse fahren seit über 60 Jahren auf Berlins Straßen, Nachhaltigkeit pur!
In der Partylocation „Zitadelle Spandau“ erwartete uns eine mittelterliche Begrüßung, ein reichhaltiges Buffet, diverse Alkoholika und Tanzmusik querbeet. Der Hammer waren unsere südkoreanischen Gäste, welche bei „Gangnam Style“ förmlich ausflippten, was wir eher von der Kinderdisko im Urlaub kennen. Op, op, op...
Surprise, Surprise! Gegen 22.00 Uhr wurden wir ins Freie gebeten und von einem beeindruckenden, ca. 5-minütigen Höhenfeuerwerk überrascht!
Wir drehten dann natürlich auch ordentlich am Rad. Der/die Deutsche braucht aber erstmal ein bisschen Futter und 1 Promille, dann sind wir nicht mehr zu halten. Über die alternativlose Helene Fischer, via der grünen Cordula zur Neuen Deutschen Welle, Robbie Williams und vielen anderen Krachern steigerten wir uns bis Mitternacht und verließen den Saal nicht ohne „An Tagen wie diesen“ zu singen und im Kreis zu tanzen. Was für ein herrlicher Abend!
Freitagvormittag wurde der Rechtspflegertag mit der schon erwähnten Wahl des 7. Bundesleitungsmitgliedes einem würdigen Ende zugeführt und wir stiegen nach einer herzlichen Verabschiedung müde, aber glücklich in unsere Busse, Bahnen oder Autos und zerstreuten uns wieder in alle Ecken der Republik.
Nach Essen 2012 und Trier 2016 war Berlin 2022 der 3. Rechtspflegertag des BDR, an welchem ich teilnehmen durfte und ich muss sagen, dass ich immer wieder begeistert bin, was für tolle Menschen wir Rechtspfleger doch sind. Stand jetzt würde ich mich freuen, auch im Jahre 2026 für unseren Verband beim dann 36. Rechtspflegertag in Erfurt dabei sein zu können. Zudem möchte ich vor allem die jungen Mitglieder des VSR motivieren, mehr Interesse für derartige Veranstaltungen zu zeigen und sich als Delegierte oder Gäste zu bewerben, denn der Austausch mit den Kolleginnen & Kollegen aus dem „Rest der Republik“ bringt unbezahlbare Erfahrungen und Erinnerungen. Ihr werdet Freunde fürs Leben gewinnen!
Danke fürs bis zu Ende lesen sagt
Euer Lars Beyer